Während die Welt um uns herum mit jedem Jahr digitaler wird, kämpfen viele Banken immer noch mit veralteten Prozessen, die sie anfällig für Fehler und Ineffizienz machen. Obwohl die Vorteile der Digitalisierung offensichtlich sind, stolpern sie immer wieder über die gleichen Fallstricke.

In diesem Artikel beleuchten wir die Relevanz von Prozessdigitalisierung und sprechen über Fehler, die häufig gemacht werden, obwohl sie vermeidbar sind.

Die Bedeutung der Digitalisierung in der Bankenbranche

In wenigen Branchen sind die Prozesse so gleichbleibend und standardisiert wie in der Bankenbranche. Doch allzu oft werden Prozesse von Hand durchgeführt, sind deshalb langsam und fehleranfällig und kosten unnötig Geld.

Nehmen wir dieses Beispiel: Legitimation eines Kunden. Jede Bank muss das machen. Es ist ein Prozess, der durch regulatorische Vorschriften vorgegeben ist und dem sich kein Finanzinstitut entziehen kann.

Wie sieht dieser Prozess klassischerweise aus? Ein Kunde vereinbart (bestenfalls) einen Termin und kommt in eine Bankfiliale. Dort wird er von seiner neuen Kundenbetreuerin erwartet, die im Vorfeld einen Blick in den Antrag geworfen hat. Die Kundenbetreuerin bittet den Kunden, ein Formular auszufüllen und ihr seinen Ausweis zu geben. Den braucht sie, um zu überprüfen, dass es wirklich der Kunde ist. Dann macht sie noch eine Kopie des Ausweises, bevor sie ihn zurückgibt. Der Kunde hat das Formular ausgefüllt und damit ist der Termin auch schon vorbei.

Klingt doch gar nicht so schlecht, oder?

Doch. Denn dieser Prozess hat lange gedauert, denn neben dem eigentlichen Termin, der vielleicht 15 Minuten gedauert hat, gab es eine Vor- und Nachbereitungszeit in gleicher Länge, in Summe also 45 Minuten. Und überdies ist die Qualität der Daten ist abhängig von der Tagesform der Beraterin, ausserdem erfasst ihre Filiale keine akademischen Titel, während das bei manchen anderen Filialen der Bank gemacht wird.

Und wie kann Digitalisierung hier helfen?

Ganz einfach: Der Kunde beantragt ein neues Konto. Nachdem er online seine Daten eingegeben hat, bekommt er eine SMS mit einem Link zu einer Legitimationsplattform. Diese öffnet er direkt mit seinem Smartphone. Dort kann er Fotos von seinem Ausweis und seinem Gesicht machen sowie ein Video, auf dem er seinen Ausweis neben seinem Gesicht zeigt und bestätigt, dass er für diese Bank ein Konto eröffnen möchte. Die Anweisungen dazu kommen automatisch von der Plattform; ein weiterer Mensch ist hier gar nicht involviert. Nach drei Minuten ist er legitimiert, denn die Plattform hat Ausweisnummer überprüft, das Gesicht mit dem Ausweisfoto abgeglichen und darüber hinaus mit einem KI-System verifiziert, das Aussehen und Stimme zu den angegebenen Daten wie Alter und Geschlecht passen.

Zusammen mit dem Formular hat der Vorgang sechs Minuten gedauert. Die Daten werden automatisch ins Kernbanksystem (KBS) der Bank eingespeist und stehen zur Verfügung. Das Konto wird auf Basis dieser gelieferten Informationen automatisch vom KBS in Kombination mit robotergestützter Prozessautomatisierung (eine Software, die menschliches Verhalten auf Benutzeroberflächen imitiert) angelegt und steht nach fünf Minuten bereit. Wenige Minuten nach der Legitimierung erhält der Kunde so bereits Zugriff auf sein Konto, kann erstes Geld einzahlen und seine Daueraufträge einrichten. Das macht ihn glücklich, weil er in der Vergangenheit gerne mal zwei Wochen warten musste.

Während der Prozess im zweiten Fall insgesamt deutlich schneller ablief, hat er ausserdem höherwertige Daten geliefert, denn sie wurden von der Plattform einheitlich aufgenommen und von der RPA-Software Zeichen für Zeichen exakt übertragen.

Was ist gewonnen?

  • Die Datenqualität hat sich erhöht
  • Personalkapazität wurde für wertschöpfendere Aufgaben freigesetzt
  • Die Prozesskosten sind niedriger, weil kein Personal mehr erforderlich ist

Dieses Beispiel soll zeigen, wieso Digitalisierung kein modischer Selbstzweck ist, sondern ein wertvolles Instrument, um die Bank in ihrem Marktumfeld besser aufzustellen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Durch die Digitalisierung können Banken ihre Effizienz steigern, Kosten senken und ihren Kunden bessere Dienstleistungen bieten.

Häufige Fehler bei der Digitalisierung

Doch selbst, wenn Banken sich im Rahmen von Digitalisierung weiterentwickeln möchten, kann es hierbei zu einer Vielzahl von Fehlern kommen, die wir im Folgenden genauer beleuchten möchten.

Mangelnde strategische Planung

Natürlich kann man damit anfangen, erste Digitalisierungsinitiativen einfach umzusetzen, ohne ein übergeordnetes Ziel zu verfolgen. Aber hierbei riskiert man, sich in unzählige Kleinkriege zu verwickeln und keine Einheitlichkeit sowie gemeinsame Basis zu schaffen. Ohne eine klare Vision und langfristige Strategie kann die Digitalisierung schnell zu einem Flickenteppich ungeplanter Massnahmen werden.

Zielführender ist hier eine Digitalisierungsstrategie sowie eine Vision, mit der man ein Zielbild malt. Eine solche Strategie sollte unter anderem die Erwartungen und Bedürfnisse der Kunden, die bestehende sowie mögliche Infrastruktur, das Datenmanagement (inkl. Data Governance), Cyber Security und Kulturwandel beinhalten.

Und mit der Vision sollte ein Zielbild mit Worten gemalt werden, mit dem sich die Mitarbeiter identifizieren können und das ihnen dabei hilft zu verstehen, was erreicht werden soll.

Die Digitalisierungsstrategie sollte ausserdem Teil der Gesamtstrategie sein, um die Bedeutung und Relevanz zu untermauern.

Fehlende Kundenorientierung

Eine der grössten Herausforderungen besteht darin, die Digitalisierung aus der Perspektive der Kunden zu denken. Es passiert schnell, dass ein ITler sich bei der Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie auf die technischen Möglichkeiten fokussiert und dabei Kundenbedürfnisse ausser Acht lässt. Dies ist ein Fehler, den man unbedingt vermeiden sollte, denn wenn Kunden die Digitalisierung nicht unterstützen oder dieser gar aktiv gegenüberstehen, ist es ein hoffnungsloses Unterfangen.

Dementsprechend ist es wichtig, bei digitalen Lösungen auf Nutzerfreundlichkeit zu achten und bestenfalls Fallstudien zu Auswirkungen und Kundenbindung durchzuführen.

Unzureichende IT-Infrastruktur

Viele Banken kennen das Problem: Durch veraltete Systeme und Technologien ist es teilweise schwierig, moderne Methoden der Digitalisierung umzusetzen. Dies kann die unternehmensweite Digitalisierung erheblich ausbremsen. Und selbst, wenn Legacy-Systeme mit modernen Plattformen grundsätzlich kompatibel sind, ist die Integration oft komplex und zeitaufwendig.

Es kann daher von Vorteil sein, die IT-Infrastruktur im Vorfeld einer umfassenden Digitalisierungskampagne zu modernisieren. Auch das ist natürlich leichter gesagt als getan, aber es ist zielführend und sorgt dafür, dass künftige Massnahmen leichter umzusetzen sind.

Sicherheits- und Datenschutzprobleme

Ein weiterer häufiger Fehler ist, dass im Rahmen von Digitalisierungsmassnahmen nur unzureichende Sicherheits- und Datenschutzvorkehrungen getroffen werden. Dies führt zu erhöhten Sicherheitsrisiken bei der Digitalisierung der Organisation. Denn obwohl es sich bei Banken um sehr stark regulierte Organisationen handelt, ist man bei Digitalisierungsvorhaben, insbesondere wenn diese sehr agil sind, schnell dazu verleitet, bestehende Vorgaben zu vergessen.

Hier muss man streng sein und Sicherheits- und Datenschutzrichtlinien einhalten (oder überhaupt erstmals implementieren), um gravierende Fehler zu vermeiden, die das Vertrauen der Kunden verspielen könnten.

Fehlendes Change-Management

Die meisten Projektleiter kennen das Problem sicherlich: Man möchte etwas ganz Tolles umsetzen, aber die Organisation erkennt einfach den Nutzen oder das Potenzial nicht.

Woran liegt das? Es ist ganz einfach: Menschen halten gerne an gewohntem fest, auch wenn es nicht besonders gut ist. Die Veränderung hin zu etwas neuen ist für viele ein Ärgernis oder gar etwas Beängstigendes.

Dieser Widerstand der Mitarbeiter gegenüber Veränderungen muss im Vorfeld klar sein, denn nur dann kann man ihn im Rahmen des Change-Managements angehen und vermeiden.

Dies kann man erreichen, indem man Mitarbeiter schult und weiterbildet, aber auch, indem man den Grund für die Veränderungsmassnahmen bekannt macht. Und zwar nicht, indem man mit Buzzwords herumwirft, sondern indem man sachlich und einfach erklärt, was die Gründe sind, welche Vorteile es hat und wie das Arbeitsleben der Mitarbeiter dadurch besser wird.

Je nach Umfang des Digitalisierungsvorhabens kann es sinnvoll sein, eine eigene Change-Strategie zu entwickeln. Doch auch wenn nicht: Erfolgreiches Change Management ist entscheidend, um die Akzeptanz und Motivation der Belegschaft sicherzustellen.

Übermässige Abhängigkeit von externen Anbietern

Ein grosser Fehler ist es, sich übermässig von externen Anbietern abhängig zu machen. Natürlich kann es verlockend erscheinen, etwa die Plattform eines Marktführers zu integrieren, weil diese zuverlässig funktioniert und es günstig ist. Aber was ist, wenn der Anbieter sich plötzlich entscheidet, die Preise zu verdreifachen? So etwas kommt vor und dann steht man vor der Wahl, entweder die Preiserhöhung zu akzeptieren oder im Rahmen eines teuren Projekts zu einer anderen Plattform zu wechseln, die möglicherweise sogar deutlich schlechter ist.

Auch haben Banken im Fall einer zu grossen Abhängigkeit möglicherweise wenig bis keine Kontrolle über Anpassungen, die an der Plattform vorgenommen werden.

Man sollte eine Balance zwischen externen und internen Ressourcen finden und sich nicht zu abhängig von einzelnen Anbietern machen, um seine Flexibilität und Kontrolle zu erhalten.

Unzureichende Datenanalyse und -nutzung

Jede Bank sitzt auf einem Goldschatz von Daten, aber nur wenige nutzen sie. Das ist ein Fehler, denn die vorhandenen Daten können hervorragend genutzt werden, um Prozesse zu optimieren und die Entscheidungsfindung zu verbessern.

Man sollte im Rahmen einer umfassenden Digitalisierung die Potenziale der Datennutzung analysieren, um festzustellen, wie sieh genutzt werden können. Hierfür kann es sinnvoll sein, sich eine Datenstrategie zu überlegen.

Durch eine gezielte Datenstrategie können Banken wertvolle Einblicke gewinnen und fundiertere Entscheidungen treffen.

Fehlen einer kontinuierlichen Verbesserungskultur

Um die Effekte einer umfangreichen Digitalisierung langfristig zu nutzen, solle man eine Verbesserungskultur etablieren. Ansonsten kann es sein, dass man nach der Implementierung und Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie auf Stagnation trifft, die die gewonnenen Effekte in ein paar Jahren wieder zunichtemachen.

Deshalb ist es wichtig, eine Kultur zu fördern, in der kontinuierliche Verbesserungen und ein Optimierungsgedanke an der Tagesordnung stehen. Auf keinen Fall dürfen Banken in Selbstzufriedenheit verharren und sich auf die Schulter klopfen, während der Wettbewerber bereits über neue Massnahmen nachdenkt und uns mit diesen in ein paar Jahren überholt.

Eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung ist notwendig, um langfristig erfolgreich zu sein.

Fazit

Um die digitale Transformation erfolgreich umzusetzen, ist es wichtig, dass die Mitarbeiter engagiert und motiviert sind. Auch ist eine flexible und einigermassen moderne IT-Infrastruktur wichtig, denn diese dient als Treiber für Digitalisierung. Und nicht zuletzt sind eine Vision und darauf aufbauend eine durchdachte Digitalisierungsstrategie wichtig, um die Ziele zu erreichen.

Die Digitalisierung bietet enorme Chancen, bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Indem Banken die häufigsten Fehler vermeiden und auf bewährte Strategien setzen, können sie ihre Prozesse erfolgreich digitalisieren und ihre digitalen Transformationsprojekte erfolgreich umsetzen.

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